Italien: Amanda Knox erneut wegen Verleumdung verurteilt (2024)

Unschuldigen Barmann des Mordes bezichtigtAmanda Knox erneut wegen Verleumdung verurteilt

Ihre Hoffnung auf einen weiteren Freispruch wurde enttäuscht: Amanda Knox ist in Italien verurteilt worden, weil sie im Mordfall Kercher einen unschuldigen Barmann belastet haben soll.

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Italien: Amanda Knox erneut wegen Verleumdung verurteilt (1)

In einem spektakulären Mordprozess hat die US-Amerikanerin Amanda Knox fast zehn Jahre nach ihrem Freispruch vor einem italienischen Gericht eine Niederlage einstecken müssen. Ein Berufungsgericht in Florenz bestätigte eine frühere Verurteilung der heute 36-Jährigen wegen Verleumdung zu drei Jahren Haft. Nochmals hinter Gitter muss Knox aber nicht: Die Haftstrafe hat sie durch ihre Zeit im Gefängnis bereits verbüßt.

Der Fall hat am Rande mit dem Mord zu tun, der über Jahre international Aufsehen erregte. Im November 2007 war in Perugia die Britin Meredith Kercher mit Dutzenden Messerstichen getötet worden, sie war die Mitbewohnerin von Amanda Knox. Bei dem jetzigen Prozess ging es darum, dass Knox nach ihrer Verhaftung 2007 zunächst einen offensichtlich unschuldigen Barmann beschuldigt hatte.

Ein bis heute umstrittenes Verhör

Im Kern ging es bei dem Prozess um ein Polizeiverhör vom 5. November 2007. Knox, die wie Kercher einen Auslandsaufenthalt in Perugia machte, wurde in jener Nacht von der Polizei zu dem Mord befragt. Knox zufolge glaubte die Polizei ihr damals nicht, dass sie nichts mit dem Mord zu tun hatte. Sie wurde bei dem Verhör, das bis tief in die Nacht dauerte, nach eigenen Angaben unter Druck gesetzt und von einer Beamtin mit der Hand auf den Hinterkopf geschlagen. Man habe ihr gedroht, dass sie für dreißig Jahre ins Gefängnis müsse, wenn sie nicht dabei helfe, den Mordfall aufzuklären. In ihrer Not habe Knox schließlich begonnen, zu halluzinieren. Irgendwann habe sie tatsächlich geglaubt, den besagten Barmann - der damals ihr Chef war - am Tatort gesehen zu haben.

Knox zog ihr Geständnis nach wenigen Stunden zurück, trotzdem wurde der Barmann festgenommen. Er verbrachte zwei Wochen in Haft - dann meldete sich ein Zeuge, der in der Mordnacht mit dem Barbesitzer getrunken hatte. Der Mann kam frei, Knox aber blieb in Haft. Die Polizei in Perugia bestritt, Knox unter Druck gesetzt oder geschlagen zu haben. Vom dem besagten Verhör gibt es keine Abschrift oder Aufnahme. Von Knox selbst wurden nie Spuren am Tatort gefunden.

Knox, die bei dem Termin in Florenz anwesend war, sagte vor Gericht, der Mann sei nicht nur ihr Chef gewesen, sondern ein Freund. »Es tut mir leid, dass ich nicht stark genug war, dem Druck der Polizei zu widerstehen«, so Knox. »Und dass er darunter gelitten hat.«

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Knox brach nach der Entscheidung der Richter in Tränen aus, sie war eigens zu dem Prozess nach Italien zurückgekehrt. Knox lebt inzwischen wieder in ihrer Heimat. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Im Mordfall Kercher war Knox zunächst zu einer langen Haftstrafe verurteilt worden und musste vier Jahre im Gefängnis verbringen. 2015 wurden sie und ihr ebenfalls verurteilter Ex-Freund Raffaele Sollecito aber letztlich vom Vorwurf des Mordes freigesprochen. Das Gericht attestierte der Polizei von Perugia damals

zahlreiche Mängel bei den Ermittlungen.

Die Verurteilung wegen Verleumdung blieb damals aber bestehen.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg kippte im Januar 2019 dann auch diese Verurteilung. Das Gericht entschied, dass während des besagten Polizeiverhörs Knox' Rechte verletzt wurden, unter anderem, weil ihr bei der Vernehmung kein Anwalt beistand.

Das Kassationsgericht in Rom folgte daraufhin dem Urteil und sprach Knox im Fall der Verleumdung frei. Es verfügte außerdem, dass ein Gericht in Florenz den Fall neu verhandeln muss. Diese Verhandlung endete nun in einem erneuten Schuldspruch.

Das Verfahren ist damit nicht zu Ende

»Natürlich respektieren wir die Entscheidung«, sagte Knox' Anwalt Carlo Dalla Vedova. Nun warte man auf die Begründung des Gerichts. Diese solle innerhalb der nächsten 60 Tage vorliegen. Danach wolle man entscheiden, wie man weiter verfahre.

Knox’ Hoffnung, auch dieses Urteil endgültig loszuwerden, habe sich nicht erfüllt. »Amanda ist sehr verbittert«, sagte ihr Anwalt.

Als Mörder von Meredith Kercher gilt heute ein damals 20-jähriger Mann. Er hatte eine Vorgeschichte als Einbrecher, seine Fingerabdrücke wurden am Tatort gefunden. Hautpartikel belegten, dass er vor Kerchers Tod mit ihr Sex gehabt hatte – ob freiwillig oder unfreiwillig konnte nicht geklärt werden. Der Mann floh nach dem Mord und wurde in Deutschland festgenommen. Er wurde allerdings nur wegen Beihilfe zum Mord verurteilt. Er kam Ende 2023 frei, steht inzwischen aber erneut im Visier der Behörden, weil er seine Ex-Freundin misshandelt haben soll.

has/AP/dpa

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